IG Stiller im Glöggliland Appenzell: Kuhglocken sind Tierquälerei (09-11-2009)
Kuhglocken im Appenzellerland sind unnötig, lästig und Tierquälerei sagt IG Stiller.
Kuhglocken können Tierquälerei sein – dies ist die Meinung der Interessengemeinschaft Stiller. Das Gebimmel sei einfach nur lästig und vor allem unnötig.
Für viele gehört der Kuhglockenklang auf den Appenzeller Weiden einfach dazu für die IG Stiller ist es überflüssig. «Stellen Sie sich vor, sie tragen während Tag und Nacht, Sommer und Winter eine solch schwere Glocke um den Hals. Im Extremfall sind die Tiere unter dem Band wund gescheuert», erklärt der Trogener Samuel Büechi vom Vorstand. «Das ist einfach Tierquälerei!»
Trotzreaktion eines Bauern?
Die IG Stiller berät viele Anwohner, die sich von Tierglocken genervt fühlen. Ein Fall wurde aus Herisau bekannt. Die Anwohner fühlten sich schon seit vielen Jahren belästigt, so Büechi. «Das Fass zum Überlaufen gebracht hat eine Aktion, bei welcher der Bauer seine beglockten Rinder während der Nacht stundenlang herumgetrieben hat.» Sinn und Zweck der Aktion seien nicht bekannt. Für Büechi könnte es aber eine Trotzreaktion gewesen sein, da der betroffene Bauer von der Gemeinde ein Glockenverbot erteilt bekam. «Ende Juli wurde uns dann mitgeteilt, dass die betroffenen Rinder keine Glocken mehr tragen», erklärt Büechi weiter.
Jahrelanger Glockenstreit
Die IG Stiller wehrte sich in der Vergangenheit vehement gegen das Kirchenläuten. Der Glockenstreit in Trogen zog sich jahrelang dahin und machte immer wieder Schlagzeilen. Im Jahr 1999 und 2000 hatte die IG Stiller beantragt, das Geläut der Glocken der evangelisch reformierten Kirche abzustellen. Der Gemeinderat trat darauf jedoch nicht ein. In einer Umfrage zeigte sich, dass eine Mehrheit der Einwohner für den Beibehalt des Glockengeläuts ist. Das Ausserrhoder Verwaltungsgericht schrieb in seiner Begründung im Jahr 2006, dass das Gesuch der IG Stiller nicht einfach abgewiesen werden kann, ohne vorher eine Lärmmessung durchzuführen. Der Gemeinderat folgte dem Entscheid. Es wurde festgestellt, dass die Grenzen der Schallpegelwerte bei den angrenzenden Häusern um 60 Dezibel überschritten wurden.
Für 23’000 Franken wurden schliesslich bauliche Massnahmen vereinbart. Nach diesem Erfolg wird die IG Stiller nun auch bei Kuhglocken aktiv. «Wir sind uns bewusst, dass Kuhglocken nie ganz verschwinden werden», erklärt Büechi. Die Ostschweiz sei nunmal ein «Glöggliland». «Wir wollen jedoch die Bevölkerung auf die Missstände hinweisen.»
Keine Kuh bleibt verschwunden
Die Einstellung vieler Bauern hätte sich bereits verbessert. «Viele professionelle Betriebe verzichten auf die unnötigen Kuhglocken», sagt Büechi. «Sie sind sich darüber im Klaren, dass Glocken mehr schaden als nützen. Klar, sie können vielleicht helfen, wenn eine Kuh abhaut. Aber wenn das der Zweck der Kuhglocken wäre, so wären sie doch nichts anderes als ein veraltetes Alarmsystem, bei welchem die ‘Sirene’ immer am ‘Heulen’ ist.
Unabhängig davon habe ich noch nie von einer Kuh gehört, die verschwunden ist und bleibt.» Deshalb will die IG Stiller auch in Zukunft beim Thema Kuhglocken aktiv bleiben. «Grosse Glocken sollten höchstens kurzfristig für spezielle Anlässe verwendet werden, und im Winter im Stall könnte den Tieren zuliebe doch auch ganz auf Glocken verzichtet werden.»
Aus: St. Galler Nachrichten vom 5. November 2009 von Manuela Störi.