Kuhglocken Lärm (27-08-2009)

Nicht nur Kirchenglocken stören, auch der Lärm von Kuhglocken gab schon häufig Anlass zu Klagen.

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Hier ein Falls aus der Schweiz:

Eine Frau in Wittinsburg fühlt sich von Kuhglockengeläut gestört, der Landwirt aber hat das Polizei-Reglement auf seiner Seite. Jetzt beschäftigt das Gebimmel den Wittinsburger Gemeinderat – und vielleicht bald die Gemeindeversammlung.

Von: Patrick Moser (24. August 2004)

…Derzeit tobt in Wittinsburg ein Disput über die «lärmigen» Kuhglocken auf dem Grundstück von Landwirt Hanspeter Buser- Schaub. Nachbarin E. A.beteuert, dass sie der Lärm krank mache. Seit drei Jahren seien die Kühe vermehrt draussen und das Geläut halle vom Wald her als Echo zurück. Für sie sei es unerträglich und sie frage sich, warum sie am Feierabend und am Wochenende unter dieser – objektiv betrachtet unnötigen – Lärmquelle leiden müsse.

Die Antwort ist einfach: Das Wittinsburger Polizei-Reglement erlaubt den Kühen seit 30 Jahren das Glockentragen ausdrücklich. Landwirt Buser fühlt sich deshalb nicht verpflichtet, das Gebimmel einzuschränken. Er fühlt sich von der Nachbarin, die er früher ganz sympathisch fand, gedrängt. Das eine ergibt sich aus dem anderen, mittlerweile scheint der Konflikt als solcher zementiert. Auf Antrag von E. A. befasst sich derzeit der Wittinsburger Gemeinderat mit der Streichung des Passus’ aus dem Reglement. Gemeindepräsident Martin Eggimann bestätigt gegenüber der «Volksstimme», dass der Rat bis Ende Jahr den Antrag vor die Gemeindeversammlung bringen muss.

«Ich versuche noch zu vermitteln, damit das Problem auf anderem Weg gelöst werden kann», sagt Eggimann. Auch Bruno Schmid setzt noch Hoffnung in die Gemeindebehörde. Als stellvertretender Leiter der Abteilung Lärmschutz beim kantonalen Amt für Raumplanung wird er immer wieder mit Disputen konfrontiert; die Gegnerschaft «Neuzuzüger » gegen «Bauer» sei relativ häufig. «Wenn man das Problem nicht mehr im Einvernehmen lösen kann, braucht es die Vermittlung der Behörde oder den Gang zum Friedensrichter », sagt Schmid. Das Lärmschutzgesetz helfe beim Wittinsburger Fall nicht weiter, weil es für Kuhglockenlärm keine Grenzwerte gebe.

Konfliktpotenzial wächst

Schmid empfiehlt, den Kuhglocken- Passus aus dem Gemeindereglement zu streichen. Immer mehr Gebiete im Kanton würden überbaut. Das bedeutet, dass das Konfliktpotenzial zwischen den Bewohnern von Bauernhöfen und Einfamilienhäusern analog zur Siedlungsdichte wächst. Noch ist in Wittinsburg das letzte Wort nicht gesprochen. Nach einer Zuspitzung des Nachbarschafts-Streits sind die Glocken zwar vorübergehend verstummt – allerdings nur so lange, bis die Sache vor die Gemeindeversammlung kommt. E. A. jedenfalls scheint wild entschlossen, den Fall nötigenfalls bis vors Bundesgericht weiterzuziehen.

Ganzer Bericht: Volksstimme.ch – kuhglocken lärm wittinsburg


Ein aktueller Fall aus Bad Rippoldsau im Schwarzwald:

Lästiger die Kuhglocken nie bimmeln

Von: Claus Wiegert in Bad Rippoldsau-Schapbach. (28.07.2009)

…Die beiden Bürger wohnen neben einer Weide, auf der manchmal die Kühe des Gemeindeoberhaupts weiden. Vom Geläute der Kuhglocken fühlen sich die zwei Anwohner belästigt – sie forderten ein Einschreiten der Ortspolizei. Da jedoch nichts geschah, wandten sie sich schließlich an den Petitionsausschuss des Landtags.

Klarheit im Kuhglocken-Streit konnte auch der Petitionsausschuss nicht schaffen. Einerseits, weil seit Beginn des vergangenen Winters gar keine Kühe mehr auf der Weide waren. Andererseits, weil es das Gremium in seinem Beschluss für fraglich hält, »ob durch die Kuhglocken Lärm von solcher Intensität ausgeht, dass ein Einschreiten der Ortspolizeibehörde gerechtfertigt wäre«. Zwar ersche Coinstar money transfer in e die Bearbeitung der Angelegenheit Coinstar money transfer in der Geme Coinstar money transfer in de »verbesserungsbedürftig«. Dennoch sei die Versagung des polizeilichen Einschreitens »mangels einer hinreichenden Gefahr nicht zu beanstanden«. So bleibe abzuwarten, ob die Kühe wieder mit Kuhglocken auf die Weide gebracht werden.

Ihre Glocken haben die Kühe, laut Waidele, immer noch am Hals hängen. Das sei im Wolftal so selbstverständlich wie im Allgäu und durchaus sinnvoll: Wenn die Kühe mal ausbüchsen, was nie ganz verhindert werden kann, seien sie durch das Gebimmel leichter zu finden. Derzeit stehen die Kühe des Bürgermeisters nicht auf die Weide des Anstoßes – sie wechseln die Fressplätze, denn sie halten das Gras auch im Sinne des Landnutzungskonzepts für die Offenhaltung der Landschaft kurz. Ob er sein Vieh beim nächsten Mal mit oder ohne Glocken auf die Weide in der Nähe der aufmerksamen Anwohner bringt?

Ganzer Bericht: Schwarzwaelder-bote.de – kuhglocken laerm bad rippoldsau


Keine Ruh mit Nachbars Kuh.

Der Schweizer Hauseigentümer Verband Schweiz beleuchtet die rechtliche Seite:

Um Frieden in der Nachbarschaft zu wahren, braucht es auch etwas Toleranz. Doch «übermässige» Störungsquellen, z.B. nächtliches Kuhglockengeläut, muss man nicht einfach dulden. Art und Ausmass der Einwirkungen auf das Nachbargrundstück sind ausschlaggebend, ob die Beschreitung des Rechtswegs erfolgreich ist.

Ein Auszug aus dem Nachbarrecht:

Jedermann ist verpflichtet, bei der Ausübung seines Eigentums, wie namentlich bei dem Betrieb eines Gewerbes auf seinem Grundstück, sich aller übermässigen Einwirkung auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten. Verboten sind insbesondere alle schädlichen und nach der Lage und Beschaffenheit der Grundstücke oder nach Ortsgebrauch nicht gerechtfertigten Einwirkungen durch Rauch, Russ, lästige Dünste, Lärm oder Erschütterung.

(Art. 684 ZGB)

Die Art und das Ausmass einer Einwirkung auf das Nachbargrundstück sind ausschlaggebend dafür, ob sich der Nachbar auf dem Rechtsweg gegen sie zur Wehr setzen kann oder sie noch dulden muss. Auch Kuhglockengeläut kann je nach Ortsgebrauch als übermässig gelten, insbesondere nachts.

Das Bundesgericht betont die Notwendigkeit einer ungestörten Nachtruhe, weil tagsüber die Nervenkräfte des heutigen Menschen stark beansprucht werden. Es weist darauf hin, dass das Bimmeln von Kuhglocken zur Nachtzeit, d.h. vor allem dann, wenn der Strassenlärm abgenommen hat, besonders lästig sei.

Das Weiden mit Glocken in der Nacht gehe über das hinaus, was nach heutiger Auffassung in einem Wohnquartier allgemein zu ertragen ist. Das Bundesgericht weist insbesondere darauf hin, dass bei Weiden, die sich im Dorf – also in einer eigentlichen Wohnzone – befinden, ein entlaufenes Tier leicht aufzufinden sei, selbst wenn es keine Glocke trage. Anders würde es sich verhalten, wenn es sich um eine entlegene unwegsame Alpweide handelte. Das Bundesgericht bewertete mithin das Interesse des Nachbarn an einer ungestörten Nachtruhe als wichtiger, weshalb es dem Bauern untersagte, dem Vieh zur Nachtzeit (20.00 Uhr bis 07.00 Uhr) Glocken umzuhängen ( BGE 101 II 248ff.)

Auch in einer Gemeinde der Agglomeration Zürich konnten die Kläger nachts wegen des Glockengeläutes, dessen Schall durch das abfallende Gelände noch verstärkt wurde, nicht mehr schlafen. Das Ausmass des Geläutes hatte sich in den vergangenen Jahren zusehends verstärkt, da nicht mehr nur drei, sondern bis zu zehn Tiere mit Treicheln auf dem unmittelbar benachbarten Grundstück weideten.

Nach Ansicht des Gerichts geht ein nächtliches Weiden mit Glocken über das hinaus, was nach heutiger Auffassung in einer modernen Agglomerationsgemeinde, welche über die Grösse eines Bauerndorfes hinausgewachsen ist, noch zu ertragen ist. Auch angesichts der Dauer der Einwirkung ging im beurteilten Fall das Interesse des Klägers auf eine ungestörte Nachtruhe jenem des beklagten Viehhalters vor. Dabei wurde auch berücksichtigt, dass es im flachen und relativ dicht besiedelten Gebiet nicht schwer ist, entlaufenes Vieh wieder zu finden.

(Urteil des Bezirksgerichts Affoltern a/A vom 26. Juli 1990).

Ganzer Bericht: Hev-schweiz.ch/recht-steuern/nachbarrecht – kuhglocken laerm


Kuhglocken-Nostalgie macht schlaflos

Und hier hat ein Bauer nachgegeben:

Aarwangen Ehepaar kann ländliche Idylle nicht geniessen und wehrt sich.

(Von: Christian Liechti – Langenthaler Tagblattt, 21. Juli 2005)

Für die einen Idyll, für die anderen nervender Lärm: Peter und Silvia Döberl fanden nachts keinen Schlaf, weil 25 Rinder mit Glocken in ihrer Nachbarschaft weideten. Noch bevor die Döberls den Gang durch die Instanzen antreten, nimmt die Geschichte nun eine unerwartete Wende.

Ein Stück Schweizer Brauchtum oder nervtötende Nachtruhestörer?

In den vergangenen Wochen schieden sich in Aarwangen die Geister darüber, ob die 25 Rinder von Landwirt Thomas Graber die Nachtruhe stören oder nicht. Eigentlich sind es nicht die Rinder, die Anwohner Peter Döberl und seine Frau Silvia des nachts nicht schlafen lassen, sondern die Kuhglocken, die an den Hälsen der Tiere bimmeln.

«Wir haben ein Recht auf Schlaf und Nachtruhe», ereifert sich Döberl, dessen Schlafzimmerfenster in milden Sommernächten direkt gegen die Weide hinaus geöffnet ist. Das Läuten lässt Döberls Frau nächtelang nicht schlafen. Es zerre an den Nerven und schlage sich nun auch auf die Gesundheit nieder. «Wir können uns zum Schlafen doch nicht im Luftschutzkeller verkriechen», so Peter Döberl.

Der Kuhglocken-Fall aus Aarwangen wäre nicht der einzige, mit dem sich Amtsstellen und Gerichte herumschlagen müssen. Bei der Fachstelle für Lärmbekämpfung der Kantonspolizei Bern gehen pro Jahr durchschnittlich vier Anfragen wegen Kuhglocken ein. «Auf der einen Seite gehören Glocken zum Brauchtum, auf der anderen müssen wir dem Ruhebedürfnis der Bürger Rechnung tragen», erläutert Peter Hofer von der Fachstelle. Rat suchenden Gemeindevertretern empfiehlt er, das Problem zwischen Landwirt und Lärmgeplagten gütlich zu regeln. Hofer hat noch nie erlebt, dass das Glockengeläut der Kühe vor dem Richter endete.

Das Bundesgericht fällte im Mai 1975 ein wegweisendes Urteil. Der Eigentümer eines in einem Dorf gelegenen Wohn- und Geschäftshauses störte sich am nächtlichen Geläut der Kühe, die vor seiner Liegenschaft weideten. Das Bundesgericht befand, dass die Interessen des Schlaflosen höher zu werten seien als das Recht des Bauern, seinem Vieh nachts Glocken umzuhängen. Zumal sich die Weide in bewohntem Gebiet befand und umzäunt war.

Das Kuhglockengebimmel von Aarwangen wird es kaum bis nach Lausanne schaffen, denn diese Woche nahm die Geschichte eine unerwartete Wende: Landwirt Thomas Graber hat den Rindern die Glocken abgeschnallt. «Ds Gstürm isch üs z blöd», lässt die Familie Graber diese Zeitung wissen, «u d Zyt für so ä leidi Gschicht z schad.»

Ganzer Bericht: Kritiker.ch – kuhglocken lärm aarwangen


Und dann war noch dies:

Kuhglocken, Tierquälerei und Christoph Blocher